Wieso sind diese großen Schiffe ganz und gar unbewacht?

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coco
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Beitrag von coco » 01.12.2008, 04:00

Gründe für die regionale Zunahme der Piraterie
Dass die Piraterie regional zunimmt, steht immer im direkten
Zusammenhang mit wirtschaftlichen Krisen und mangelnden
Rechts- bzw. Sicherheitssystemen. Jüngstes Beispiel
ist Somalia. Mit der Entmachtung des Barre-Regimes
Anfang der 90er-Jahre verlor der Staat die Kontrolle über
seine Küstengewässer. Dadurch konnten Fischtrawler
anderer Länder ungehindert in somalischen Gewässern
fischen und gefährdeten damit die Existenzgrundlage der
lokalen Fischer. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen.
Die einheimischen Fischer hatten gegen die
großen ausländischen Trawler kaum eine Chance. Um
ihre Existenz zu sichern, wurden sie immer öfter Piraten.
Neben diesem Krieg, der noch immer andauert, gibt es den
Machtkampf der Warlords, der sich nun auch auf das Seegebiet
ausgeweitet hat. Die Warlords nutzen das Machtvakuum
in Somalia für private Raubzüge auf See. Bevorzugt
geht es dabei um Lösegelderpressung.
Quelle: Ein von mir nicht näher benanntes Versicherungsunternehmen 2006 ;)
Das nur mal zu den Ursachen des Anstiegs der Piraterie in der betroffenen Region.
Weiterhin bin ich nicht die Erste, die einen Einsatz von nichttödlichen Waffen bevorzugen würde. Seit Jahren sind der Branche und Versicherern diese Möglichkeiten bekannt. Auch dort wurde augenscheinlich jahrelang geschlafen und kostenreduziert. Empfehlungen in den Wind geschlagen. Nie war die Personalstärke auf See so gering wie dieser Tage.

Ungeachtet der finanziellen Möglichkeiten der Piraten sollten wir uns vom Gedanken verabschieden das diese nicht ebenfalls aufgerüstet haben und wie in guten alten romantischen Piratenbüchern noch mit Macheten an Bord kommen. Auch soll es unter den Piraten durchaus gebildete Menschen geben, die Universitäten in diversen Ländern besucht haben.

Hubschrauber mögen schnell und wendig sein, was sie allerdings nicht zur Piratenjacht prädestiniert. Konzipiert als U-Bootjäger könnten sie aufgrund ihrer Ausrüstung doch Probleme haben im Kampf gegen die kleinen und wendigen Schnellboote der Piraten ebenso wie die Fregatten der Bundesmarine bei einem Granatwerferbeschuss durch Piraten. Sie dürften der Schnelligkeit und Wendigkeit der Angreifer unterlegen sein und eine größere Bewaffnung ist in diesem Fall kein Garant für nichts.
Die Forderung forciert aus meiner Sicht nur die Spirale der Gewalt, ähnlich der in „besetzten“ Gebieten zu Land und da besteht die berechtigte Forderung zum Truppenabzug. Wenig hilfreich erscheint mir eine halbdurchdachte Lösung zum einseitigen Nutzen der Reedereien, die lediglich eine Kostenumverteilung auf die Allgemeinheit bedeutet und keinesfalls zur Lösung des Problems beiträgt.

Liebe Grüße
coco
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coco
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Re: Das Problem ist, so habe ich es jedenfalls verstanden

Beitrag von coco » 01.12.2008, 04:13

nicita hat geschrieben:und dem muss ich darüberhinaus auch zustimmen.. umso mehr Waffen an Board mitgeführt werden, umso mehr Waffen werden auch die Angreifer haben. Das ist eine Spirale, die sich selbst hochdreht.

Die Frage lautet dann.. wo will man hin? Das Risiko wird dadurch vermutlich nicht geringer.

Die anderen von Dir genannten Maßnahmen halte ich allerdings auch für nachdenkenswert... ganz ohne Waffen. Man müsste mal eruieren, ob für die Besatzung selbst damit auch ein Risiko verbunden ist.

LG
nicita
Guten Morgen nicita,
ich spreche mich gegen einen Einsatz des Militärs aus und wer sich mit den Thema Sicherheitsdienst an Bord von Schiffen beschäftigt hätte, der wüsste welche Maßnahmen durch Sicherheitsdienste ergriffen werden, denn zum Teil werden diese ja schon eingesetzt.

Dies ist allerdings eine Frage des Preises, den viele Reeder nicht bereit sind zu bezahlen. Ferner gibt es für Frachtschiffe schon heute die Möglichkeit in begleiteten Konvois zu fahren. Auch hier ist vielen Reedern augenscheinlich die Wartezeit zu lang, denn jeder Tag an dem das Schiff warten muss kostet Geld.
Ausweichrouten aufgrund der Gefährlichkeit der Gewässer fahren bislang nur dänische Reeder, für andere Nationen ist die Sicherheit der Besatzung augenscheinlich aus Kostengründen Nebensache.

Liebe Grüße
coco
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Knurro_Knurreck
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Beitrag von Knurro_Knurreck » 02.12.2008, 08:53

coco hat geschrieben:Wenn ich mir diese Karte ansehe fällt es mir schwer zu glauben das es möglich ist dieses Seegebiet zu kontrollieren.
Ein modernes Kriegsschiff kann mehrere hundert Seemeilen im Umkreis kontrollieren. Sowohl über Wasser (Radar) als auch unter Wasser (Sonar).

LG Knurro

coco
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Beitrag von coco » 02.12.2008, 16:20

Dann bin ich jetzt auf die Darlegung gespannt wie sich Piratenschiffe auf dem Radar von anderen unterscheiden. Werden die dann durch einen Totenkopf auf dem Radar dargestellt :)?
Ferner führt Deine Darlegung die Aussage, das schlechte Sicht und hohe Wellen die Ortung durch Radar erschweren ad asurdum. Die kleinen Schiffe stellen ein enormes Problem für Radaranlagen dar, denn ähnlich wie im Flugverkehr unterfahren die kleinen Nussschalen häufig den Radar.

Liee Grüße
coco
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gnadenlos
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Beitrag von gnadenlos » 03.12.2008, 21:56

Nicht zu vergessen ist die Überwachung aus der Luft und via Satellit. Da spielt der Wellengang keine Rolle.

Für zusätzliches Sicherheitspersonal nebst erforderlicher Ausrüstung ist schlicht und einfach kein Platz auf einem Frachter. Zudem ist es so, wie ich es schon schrieb: leichte Waffen sind unbrauchbar, schwere Waffen sind ein rechtliches (unlösbares) Problem. Es bleibt nur eine internationale Regelung übrig.

Gruß
gnadenlos

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Die Piraten werden immer dreister

Beitrag von gnadenlos » 05.12.2008, 07:14

Am vergangenen Dienstag starteten sie mit 20 Schnellbooten einen Angriff auf Handelsschiffe vor der somalischen Küste. Da ist nichts mehr mit "Sicherheitsdiensten" auszurichten. Der Angriff wurde vom italienischen Zerstörer "Luigi Durand de la Penne" und Hubschraubern abgewehrt.

Gruß
gnadenlos

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Beitrag von coco » 05.12.2008, 15:35

Ein weiteres Indiz dafür das sich mit dem Einsatz der Nato Schiffe auch die Strategie der Piraten ändert und keines der Schiffe bislang die Piraten von ihren Treiben wirklich abhalten konnte. Die Zahl der Übergriffe erhöht sich trotz Präsenz der Kriegsmarine und wer internationale Medien verfolgt, dem wird manchmal auffallen das sich hin und wieder Schiffe regelecht klonen müssten um jeden Bericht der in den Medien erscheint als wahr zu belegen.

Der Zerstörer mag waffentechnisch den Piraten überlegen sein, was die Beweglichkeit angeht so ist er unterlegen und bei solch konzentrierten Aktionen dürfte auch ein Kriegsschiff in anbetracht der Ausrüstung der Piraten mit Granatwerfern nicht unbeschädigt bleiben.

Leider bleibt von Dir gänzlich unerwähnt das jedes der 5 angegriffenen Schiffe Wasserschläuche einsetzte um die Piraten abzuwehren. Es ist müßig nun eine „was wäre wenn“ Diskussion zu führen, denn das Ergebnis ist spekulativ.

Wenn selbst Nato-Kommandeur Giovanni Gumiero eine Seeblockade für nicht geeignet hält um das Problem zu lösen, dann sollte das schon zu denken geben. Ein Problem ist nämlich nicht damit zu lösen das man lediglich die Auswirkungen bekämpft ohne an den Ursachen etwas zu ändern.

Liebe Grüße
coco
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gnadenlos
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Beitrag von gnadenlos » 05.12.2008, 16:21

Die Strategie der Piraten würde sich auch mit Sicherheitsdiensten ändern - und zwar zum gravierenden Nachteil aller Nichtpiraten. Dieses Konzept funktioniert definitiv nicht.

Über die Aktivitäten der entsandten und beauftragten Schiffe von NATO, EU und anderen Staaten wird sehr genau Buch geführt. Der "Kloneindruck" entsteht, weil Nachrichten zu Abwehraktivitäten erst Tage später veröffentlicht werden. Eine solche Zeitverzögerung sind wir heute nicht mehr gewohnt. Die Meck-Pom z.B. war nicht zufällig in der Nähe von der MS Astor ;)

Kriegsschiffe sind immer überlegen. Granatwerfer und selbst mittlere Raketen setzen sie nicht außer Gefecht. Die vermeintliche Schnelligkeit und Wendigkeit der kleinen Schnellboote ist auch ihr eigener Nachteil, sobald eine Welle kommt. Kriegsschiffe sind nicht langsamer, auch nicht bei Wellengang.

Natürlich werden bislang "nur" Wasserspritzen, Warnschüsse und Hubschrauber eingesetzt. Kaum jemand ist daran interessiert, die Piraten auf offener See hinzurichten. Was denkst Du denn? Zudem besteht für die Marine ein ähnliches - nicht ganz so gravierendes aber doch vorhandenes - rechtliches Problem. Aus diesem Grund wird auch (noch) von einer Verfolgung abgesehen. Gleichwohl lassen sich die Piraten bislang ausschließlich durch die Marine einschüchtern, keinesfalls von Schmierfett und Wasserpistolen.

Hat Gumiero von einer Seeblockade gesprochen? Wenn ja, warum? Eine Seeblockade war und ist überhaupt kein Thema.

Ich bin kein Freund solcher Aktivitäten und ziehe ebenfalls die Ursachenbehebung vor. Im konkreten Fall gibt es aber keinen "Ansprechpartner". Also, wie soll die Ursachenbehebung aussehen und wie lange darf sie dauern? Was machen wir in der Zwischenzeit mit der Piraterie?

Gruß
gnadenlos

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Beitrag von coco » 05.12.2008, 20:32

Jeder, der sich für und wider einem militärischen Einsatz auspricht wird für sich zunächst als Grundlage folgende Fragen beantworten müssen.

Die Frage nach den Ursachen der Zunahme der Piraterie vor der Küste Somalias. Ursache dürfte das gänzliche Fehlen einer handlungsfähigen Regierung über Jahre hinweg in Somalia selbst sein. Korruption und Gewalt sind in dem Land an der Tagesordnung. Somalia selbst ist seit längerem nicht im Besitz einer funktionierenden Küstenwache, was zum Einen die Zunahme der Piraterie begünstig, zum anderen dem Handeln und Treiben von Drittstaaten kein Einhalt gebieten kann. Fremde Fangflotten, die den „rechtsfreien“ Raum seit Jahren ausnutzen, ebenso wie die illegale Verklappung selbst von radioaktiven Abfällen dort kostengünstig seit Jahren erfolgt. 400% billiger kann dort auch Aufgrund des verhältnismäßig günstigen Seetransports entsorgt werden, nicht ohne Einfluss auf die dortigen Fischbestände, die Lebens und einzige Wirtschaftsgrundlage Somalias darstellen.

Erfolgt die Piraterie in internationalen Gewässern gibt es keine Gerichtsbarkeit die für die Strafverfolgung zuständig ist. Das internationale Seegericht in Hamburg ist lediglich ein reines Verwaltungsgericht und knurro_knurreck könnte es vermutlich besser erklären, folglich für Strafprozesse nicht zuständig.
Bliebe die selbe Lösung wie in dem Fall das sich der Übergriff in somalischen Hoheitsgewässern ereignet die somalische Justiz, die aus o.g. Gründen nicht existiert. Das Festsetzen der Piraten würde folglich zu keinen Nennenswerten Kohnsequenzen für die Piraten führen.
Ein Rechtsvakuum wird durch den Einsatz von Militärs, wie der Irak, Afghanistan und andere UN-Einsätze beweisen, nicht geschlossen.

Weiterer Kritikpunkt sind die Reedereien selber, die immer größere Schiffe mit immer weniger Personal betreiben und auf den Einsatz technischer Möglichkeiten verzichten. Das Bemerken eines Piratenangriffs ist entscheidend für das Gelingen des Angriffs. Nehmen wir den ukrainischen Frachter Faina, ein fast 200 Meter langes und 20 Meter breites Schiff mit einer Besatzung von gerade mal 21 Mann. Über den Tag verteilt wird dieses Schiff also von 7 Menschen betrieben. An Bord Panzer und bislang ungeklärte Waffenbestände. Es gilt als belegt das selbst ein Frachter, der einen Piratenangriff rechtzeitig bemerkt ab einer Geschwindigkeit von 14 Knoten entkommen kann. Die Faina liegt mit einer Geschwindigkeit von 15 Knoten darüber. Für die Sirius Star konnte ich zum jetzigen Zeitpunkt die Daten nicht ermitteln.
Weiter zitiert man Experten das wenn ein Entkommen aufgrund der geringen Distanz nicht mehr möglich sein sollte, eine Abwehr mit Wasser als effektives Mittel gilt. Für mich eine nachvollziehbare Lösung, denn das was der Begriff „Schnellboot“ suggeriert entpuppt sich zum Teil als winzige Nussschale.

Wer also meint es wäre sinnvoll mit Kriegsmaschinerie auf Schlauchboote schießen... Bei einem Misserfolg bzw. beim ersten getöteten deutschen Seemann wird man dann ganz laut nach teeren und federn rufen :roll:.

coco
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Beitrag von coco » 05.12.2008, 20:36

gnadenlos hat geschrieben:Die Strategie der Piraten würde sich auch mit Sicherheitsdiensten ändern - und zwar zum gravierenden Nachteil aller Nichtpiraten. Dieses Konzept funktioniert definitiv nicht.


Gruß
gnadenlos
Woher nimmst Du diese Erkenntnis?
Reeder die die Technologien einsetzen berichten positiv darüber und ein Nichteinsatz möglicher Mittel bringe ich nicht mit einem Scheitern in Verbindung.
Scheitern tun diese Maßnahmen an dem Sparwillen vieler und nicht an der Maßnahme selbst. Wer auf wachsende Piraten in den letzten Jahren mit Personalreduzierung, so wie die Reedereien als Mittel reagiert, der reagiert nicht nur dumm, der reagiert auch grob fahrlässig!

Liebe Grüße
coco
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Beitrag von coco » 06.12.2008, 05:15

gnadenlos hat geschrieben: Kriegsschiffe sind immer überlegen. Granatwerfer und selbst mittlere Raketen setzen sie nicht außer Gefecht. Die vermeintliche Schnelligkeit und Wendigkeit der kleinen Schnellboote ist auch ihr eigener Nachteil, sobald eine Welle kommt. Kriegsschiffe sind nicht langsamer, auch nicht bei Wellengang.

Gruß
gnadenlos
Bleibt zu hoffen das die Piraten auf Dich hören ;)!

Schon heute sind die Piraten mit Granatwerfern ausgestattet und wenn man dem folgenden Glauben schenken darf:
..kann die RPG-7 auch als improvisierte Flugabwehrwaffe gegen Helikopter eingesetzt werden, was erstmals wirkungsvoll von den Mujaheddin in Afghanistan gegen sowjetische Hubschrauber praktiziert wurde. In jüngerer Vergangenheit verlor das amerikanische Militär mehrere Hubschrauber durch RPG-Beschuss...
Abgesehen von den Hubschraubern bleibe ich bei der Behauptung das ein konzentrierter und überraschender Angriff, selbst mit diesen einfachen Waffen ein Problem für ein Kriegsschiff darstellt. Mit einer Reichweite zwischen 200 und 2000m abhängig von der Munition möchte ich dies nicht unbedingt als Nahkampfwaffe bezeichnen.

Nach Informationen der kenianischen Regierung im November 2008 erhielten die Piraten in Somalia in den vergangenen 12 Monaten Lösegeldzahlungen von mehr als 150 Millionen US-Dollar. Die werden sicher nicht alles verprassen und ein Teil wird sicher auch in die Ausrüstung gesteckt.

Was das „wie lange“ angeht. Dazu die Frage wie lange man diesem Treiben in und vor den Küsten Somalias schon tatenlos zusieht. Weder machtpolitisch noch gegen die weitere Ausbeutung und illegalen Entsorgung in der Region durch Drittstaaten ist irgendwas unternommen worden.
Die Lösung des Problems findet sich nicht mit militärischen Mitteln auf dem Wasser statt, sondern das Problem muss politisch an Land gelöst werden.

Sicher kannst Du jetzt das Angebot der somalischen Übergangsregierung anbringen das Drittstaaten die Möglichkeit offeriert Internierungslager mit eigener Gerichtsbarkeit in Somalia zu errichten. Welcher Erfolgsaussichten dies in einem Land, welches Hilfsorganisationen wegen der Gefährlichkeit verlassen haben darf dann jeder selbst einschätzen.

In jeder Bürgerkriegsregion hat sich gezeigt das Militärpräsenz der falsche Weg ist und weder Gewalt noch Verbrechen eindämmen kann. Weder der Irak, noch Afghanistan sind Horte des Friedens und der Eintracht durch die Anwesenheit fremder Truppenkontingente und auch im Gazastreifen beweist sich immer wieder das militärische Intervention selbst bei vergleichsweise primitiver Bewaffnung keine Erfolge bringt sondern die Spirale der Gewalt nur erheblich in Bewegung bringt wie nicita auch eingangs schon bemerkte.
Es erschließt sich mir nicht warum dies urplötzlich in Somalia anders sein sollte.


Mögliche Lösungswege:
Die Unterstützung der somalischen Übergangsregierung bei dem Aufbau einer leistungsstarken und funktionierenden Küstenwache, deren primäres Ziel die Durchsetzung somalischer Interessen in den eigenen Hoheitsgewässern ist. Eine somalische Küstenwache, die nicht primär gegen Piraten eingesetzt wird, sondern auch das befischen und illegale Entsorgung verhindert, dürfte zugleich ein Plus an Akzeptanz der Bevölkerung bedeuten, was zu einer leichten Stabilisierung im Inneren führen könnte.

Beratende Tätigkeit der UN beim Aufbau eines funktionierenden Justizsystems in Somalia, das die Bestrafung von Piraten sicherstellt. Zeitgleich eine Stärkung somalischer Interessen vor dem internationalen Seegericht in Hamburg, sprich Nationen, deren Schiffe die beim illegalen Fischfang und Entsorgung durch die somalische Küstenwache gestellt werden, müssen zukünftig mit hohen Bußgeldern in Form von Ausgleichzahlungen rechnen. Verfahren dieser Art müssen zügig bearbeitet werden. Für Somalia aufgrund der jetzigen Zustände dort sicher eine lukrative Einnahmequelle welche zur weiteren wirtschaftlichen Stabilisierung Somalias Beitragen könnte.

Eine Verpflichtung der Reeder ihre Schiffe mit einem Minimum an Abwehrmechanismen auszurüsten und durch genügend Personal eine Bedienung dieser Einrichtungen sicherzustellen. Führt sicher zu einer Verteuerung des Seetransportes, was allerdings auch einen positiven Aspekt für die deutsche Wirtschaft an sich mitbringen könnte. Bevorzugt chinesische Billigprodukte würden so verteuert.

coco
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gnadenlos
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Beitrag von gnadenlos » 07.12.2008, 11:30

Moin coco,

meine "Erkenntnisse" habe ich überwiegend von einem Stabsoffizier im Nato-Rang OF-5, der so ziemlich jedes Wasserfahrzeug auf und unter Wasser, vom Gummiboot bis zum Riesenpott, kennt. Er ist alles andere als "militärlüstern".

Eine Aufstockung des Personals auf Handelsschiffen ist schon aus Platzgründen nicht möglich. Mögliche Sicherheitsmaßnahmen wurden auf den meisten Schiffen längst ergriffen, sind jedoch nicht ausreichend. Darüber hinaus gehende Maßnahmen sind rechtlich nicht möglich bzw. stehen anderen Sicherheitserfordernissen entgegen. Zudem kann der Piratenausstattung, die Du z.T. selbst erwähnst, von einem Handelsschiff nichts entgegen gesetzt werden.

Piraterie gab es schon immer. Auch wenn die meisten Piraten zurzeit aus Somalia kommen, so sind sie nicht ortsgebunden. Die Verlegung von Schiffsrouten hat lediglich eine Verlagerung der Problematik gebracht und die Begehrlichkeiten anderer Piraten geweckt.

Deine Lösungsvorschläge (Ursachenbehebung) in allen Ehren. Bis hier eine spürbare Besserung eintritt, vergehen mindestens fünf Jahre. Zudem ist und bleibt das Problem nicht auf Somalia begrenzt. Eine funktionierende Küstenwache vor Somalia reicht ebenfalls nicht aus. Die Welt ist schon ein bisschen größer.

Der Einsatz der internationalen Marine hat nichts mit militärisch-kriegerischen Auseinandersetzungen zu tun. Es ist nun einmal die einzige Institution, die - trotz einiger rechtlicher Einschränkungen - auf internationalem Gewässer tätig werden kann. Sie nimmt im Grunde nur eine polizeiliche Aufgabe wahr, die von den Polizeien nicht wahrgenommen werden kann und darf.

Gruß
gnadenlos

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Beitrag von Knurro_Knurreck » 07.12.2008, 19:19

coco hat geschrieben:Dann bin ich jetzt auf die Darlegung gespannt wie sich Piratenschiffe auf dem Radar von anderen unterscheiden. Werden die dann durch einen Totenkopf auf dem Radar dargestellt :)?
Ferner führt Deine Darlegung die Aussage, das schlechte Sicht und hohe Wellen die Ortung durch Radar erschweren ad asurdum. Die kleinen Schiffe stellen ein enormes Problem für Radaranlagen dar, denn ähnlich wie im Flugverkehr unterfahren die kleinen Nussschalen häufig den Radar.

Liee Grüße
coco
Normalerweise hält ein sich regulär bewegendes Schiff eine Fahrstraße ein, zumindest ist sein Kurs nachvollziehbar. Piratenschiffe dagegen machen sich schon aufgrund ihres Kurses und ihrer Geschwindigkeit verdächtig. Auch die Nichtbeantwortung von Funksprüchen bzw die Nichtangabe der Identifizierung kann aufschlussreich sein. Man kann übrigens - neben der Sonarortung (die heutzutage passiv geschieht) - aufgrund der Schraubengeräusche Rückschlüsse auf die Größe des Schiffes ziehen. Deswegen ist auch die Unterwasserbeobachtung von Bedeutung.

LG Knurro

coco
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Wirkungsvoller Schutz?

Beitrag von coco » 29.01.2009, 16:46

Erneut wurde wohl ein Frachter von somalischen Piraten entführt. Besonders prekär und ein Rückschlag für alle Befürworter des Marineeinsatzes dürfte sein, dass dies geschah obgleich der Frachter wohl in einem international geschützten Konvoi fuhr.

Ich denke es ist verfrüht zu spekulieren warum die indische Fregatte abdrehte. Die Webseite des Betreibers ist derzeit offensichtlich nicht zu erreichen.

Sicher wird man sich auch diesen Misserfolg schönreden, denn das Eingeständnis das die eigene Strategie falsch und der unerschütterliche Glaube an die technischen Möglichkeiten verbieten ja geradezu eine Kursänderung und die Suche nach Alternativen.

Coco
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Beitrag von gnadenlos » 29.01.2009, 21:58

Den Einsatz der internationalen Marine betrachte ich als polizeiliche Maßnahme. Mehr als diese – m.E. notwendige – Maßnahme, hatte ich von der Marine weder gewünscht noch erwartet.

Trotz eindeutiger Gesetze und vieler Polizeien sowie diverser Sicherheitsamaßnahmen werden auch in unserer Republik regelmäßig Geldtransporter u.ä. erfolgreich überfallen. D.h., es gibt keinen 100 %-igen Schutz.

Dass zu der Problematik der Piratierie begleitende Maßnahmen getroffen werden müssen, liegt auf der Hand. Ob und wie man diese Probleme schon angegangen ist, weiß ich nicht. Selbst wenn man sie ernsthaft angeht, wird das frühestens in zwei bis drei Jahren Wirkung zeigen.

Gruß
gnadenlos

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