Ackermännchens Schachzug

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rattie
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Ackermännchens Schachzug

Beitrag von rattie » 17.10.2008, 10:17

Wieder mal überrascht uns Deutschlands erster Banker. Er und angeblich der gesamte Vorstand der Deutschen Bank verzichten zugunsten "verdienter Mitarbeiter" auf ihre Boni von diesem Jahr. Da drückt es einem doch das Tränchen aus dem Auge. Anstatt sich in aller Öffentlichkeit hinzustellen und das Versagen zuzugeben, versucht man sich jetzt mit einer Art Freikauf aus der Verantwortung zu stehlen. Übrigens sollten nicht die "verdienten Mitarbeiter" profitieren, sondern die geprellten Kunden, denen man Produkte aufgeschwatzt hat, von denen selbst die Berater keinen Schimmer hatten. Nein, nein Herr Ackermann, so täuschen sie uns nicht mehr. Außerdem frage ich mich, wieso bei dieser Bankenkrise überhaupt Boni vergeben werden. Die Hochfinanz sollte sich selbst am Kragen nehmen und auf jegliche Gehaltsforderungen verzichten. Sie war es nämlich, die jetzt den Staat anbetteln, damit der Steuerzahler sie aus ihrer Krise rausholt. Die gesamte Führung der Banken müsste in Frage gestellt werden. Wir müssen wieder dahin kommen, dass der Herr Bankdirektor auch den Kleinsparer als Kunden sieht. Von Wirtschaftsethik und Demut sind wir zur Zeit meilenweit entfernt.
Andere zu erkennen ist Weisheit, sich selbst zu erkennen ist Erleuchtung. (Lao Tse)

nicita
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Hallo Rattie,

Beitrag von nicita » 17.10.2008, 18:08

sicherlich hast Du recht! Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Dennoch halte ich es für ein gutes Signal und wenigstens ansatzweise für ein Erkennen der Verhältnismäßigkeiten seitens Ackermann und Konsorten. Insofern begrüße ich diese Ansage! Wenn die Krise ein anderes Bewusstsein, auch in der Bevölkerung, hervorruft, so hat sie doch ihr gutes! Mehr Moral, Wertebewusstsein, Verantwortungsgefühl und Anstand ... das würde ich mir - ebenso wie Du und viele andere - wünschen!

LG
nicita

Sonnerl
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Beitrag von Sonnerl » 17.10.2008, 19:47

Ich bin geneigt zu glauben, daß Ackermännchen es eventuell aber nur vielleicht ehrlich meinen könnte, mit seiner Geste, die ihm persönlich schon aus steuerlichen Gründen nix, aber auch gar nix kosten wird - nach Schweizer Steuerrecht, schlimmstenfalls nur marginal, und im Bänkerjargon "Peanuts" genannt.

Allerdings bin ich mir sicher, daß er in einer anderen Welt lebt und von der Realität keine Ahnung hat.
Ferner denke ich darüber nach, was dieser Mann bereits (v)erbrochen hat.

Bei Basel I-IV war er maßgeblich beteiligt. Er hat durch seine Lobbyarbeit dafür gesorgt, daß Investmentbanker, Kredithaie, Heuschrecken, Spekulanten etc. ganz legal schwarzarbeiten dürfen und im Gegenzug dafür Handwerksbetriebe, Harz4ler, Kleinunternehmer, Mittelständler etc. keinerlei Kredite bekommen.

Ich denke, ich schließe mich der Meinung des linken Präsidentschaftskandidaten an, auch wenn der ein Volltrottel ist, und denke, daß Ackermännchen in den Knast gehört.
Gnadenlos sollte Folterknecht sein und ausreichend Teer und Federn bereithalten.


Gruß Sonnerl

gnadenlos
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Beitrag von gnadenlos » 18.10.2008, 07:51

Ich denke, das sollte man ein wenig relativieren.

Sicher lebt Ackermann in einer anderen Welt. Er ist nicht die Caritas, kein Sozial- oder Arbeitsamt und auch nicht der Weihnachtsmann. Er zeichnet sich für "seine" Bank verantwortlich. Und die gehört nun einmal zu den Banken, die die Finanzkrise bislang aus eigener Kraft meistern, sogar noch Gewinne machen, sich maßgeblich an Rettungspaketen beteiligen und sich darüber hinaus auch noch Zukäufe leisten können. Ackermann ist kein Unternehmer; er handelt auftragsgemäß, im Rahmen seiner Vollmachten. Nach Lage der Dinge kann er so falsch nicht gehandelt haben.

Ackermanns Sichtweise, dass man im Grunde so weitermachen müsste, teile ich nicht. Er übersieht, dass ein "Weiter so" zu Lasten Dritter geht. Langfristiges und weitsichtiges Denken ist aber auch nicht seine Aufgabe - leider. Versagt haben in erster Linie die Regierungen, die einem solchen System die Grundlage lieferten, sich daran beteiligten, ihre Aufsichtspflichten sträflich vernachlässigt haben und ihren ureigenen Auftrag - im Gegensatz zu Ackermann - völlig unzureichend erfüllen. Wenn also jemand geteert, gefedert, über den Hof gejagt und in den Kerker geworfen gehört, dann sind das zunächst einmal die Politiker der ersten und zweiten Reihe.

Die Maßnahmen der Politik sind bislang nichts weiter als ein Beruhigungsmanöver mit Ablenkungseffekt. Wenn es bei dieser Placebo-Politik bleibt, sehe ich schwarz. Verbesserungen oder gar ein Umdenken kann ich noch nicht erkennen. Die Regierung Merkel gibt insgesamt, sowohl innen- als auch außenpoltisch, ein sehr schwammiges bis schwaches Bild ab. Ob der Bock wirklich zum Gärtner mutieren kann, bleibt abzuwarten.

Gruß
gnadenlos

PS: Ich bin sehr gespannt darauf, wie es mit der politischen und finanziellen Stabilität nach den US-Präsidentschaftswahlen aussieht.

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